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Abstieg in die Gletschermühle. Quelle: Rise and Shine Cinema / L. Ostenfeld

Wo Wissenschaft Abenteuer ist

Den Auftakt für die 2023er Ökofilmtour-Reihe in Wulkow bildete der bildgewaltige deutsch-dänische Kino-Dokumentarfilm „Into the Ice“. Koproduzent Stefan Kloos kam zum Filmgespräch in den Speicher und gab spannende Einblicke in die Entstehung des Films und seine Arbeit als Produzent.

Die Welt ein Stückchen besser machen – Filmgespräch mit Produzent Stefan Kloos

Nein, er war nicht selbst mit auf Grönland. Das stellte Stefan Kloos gleich zu Beginn des Filmgesprächs klar. Seine Aufgabe als Produzent sei es, den Film zu organisieren und dramaturgisch zu begleiten. „Ich hätte da im Eis nichts organisieren können“. Er sehe sich als eher wie ein Satellit, der in einer Umlaufbahn um den Film kreist und der aus einer gewissen Entfernung dafür sorgt, dass er – hoffentlich – gut wird. Mit Regisseur Lars-Hendrik Ostenfeld teilt Stefan Kloos die Haltung zur Wissenschaft: Die müsse nicht dröge und langweilig sein. Im Film wird sie zum Abenteuer. Mit Polarforschern, „die viel aufgeben und sich einbringen, um zu Erkenntnissen zu gelangen, die uns als Menschen weiterbringen – wenn wir denn auch zuhören wollen“, so Kloos. „Mich interessiert es immer, wenn wir an Filmen beteiligt sind, die etwas auslösen können. Ich sitze nicht dem Irrglauben auf, dass ich allein die Welt verbessern kann. Aber vielleicht können wir sie ein kleines Stückchen besser machen, in dem wir Gespräche anstoßen, die dann auf lange Sicht dazu führen, dass sich doch etwas verändert.“

„Verdammt, das kann richtig schiefgehen“

Auf die Frage, ob es nötig war, sich für die Aufnahmen in der Gletschermühle so in Gefahr zu begeben, antwortete Kloos, dass die Dreharbeiten in der Tiefe schnell beendet wurden, als klar war, wie unsicher es dort unten ist. Die Sequenz, die im Film zu sehen ist, entspräche zeitlich fast 1:1 dem Aufenthalt dort unten. „Die haben selbst gemerkt: Verdammt, das kann richtig schiefgehen.“ Es habe keinen Druck gegeben, die Sicherheit habe an erster Stelle gestanden. Andererseits habe es zur persönlichen Erkundung keine Alternative gegeben. „Mit Drohnen kannst du dort nicht reinfliegen. Sie hätten dort keinen Orientierungspunkt.“ Am Ende des Films wird das Forscher-Dokumentarfilmer-Team mit dem Tod eines Wissenschaftlers konfrontiert, eines erfahrenen Kollegen, der in einer Eisspalte ums Leben kam. „Ich weiß nicht, wie sich die Geschichte entwickelt hätte, wäre das vorher passiert“, meint Stefan Kloos. „Man merkt auf einmal, wie nah das sein kann.“

Zusammenarbeit mit Tote-Hosen-Sänger Campino

Für die Sprecher-Stimme der deutschen Fassung hat Produzent Stefan Kloos Campino gewinnen können, den Sänger der Toten Hosen. Man kenne sich von diversen Filmen, die Kloos rund um die „Hosen“ produziert hatte. Nachdem sich Campino mit der Band besprochen hatte, habe dieser umgehend zugesagt, um das auch in seinen Augen wichtige Thema zu unterstützen.

Über den Film

„Das Eis schmilzt, der Meeresspiegel steigt. Das wissen wir alles. Aber wie schnell das geht, weiß niemand.“  Mit diesen Worten – gesprochen von Tote-Hosen-Sänger Campino – ist die Dimension der Aufgabe beschrieben. Und der sind sich die Wissenschaftler bewusst. Um an aussagekräftige Daten zu kommen, genügt es nicht, sich auf Satellitenmessungen oder Computermodelle zu stützen.  Im Film begleitet der dänische Regisseur Lars-Hendrik Ostenfeld drei Forschende, die sich auf dem grönländischen Eisschild in teils gefährliche Situationen begeben: Der Klimaforscher Jason Box buddelt eigenhändig Geräte aus, die im Eis aktuelle Daten aufzeichnen und stellt sie zur Auswertung bereit. Immer wieder und immer häufiger muss er darauf achten, dass er nicht auf oberflächlich überfrorene Gletscherspalten gerät. Einem erfahrenen Kollegen von Jason wird dies im Laufe des Films zum Verhängnis. Die Wissenschaftlerin Dorte Dahl-Jensen führt mit ihrem Team Eiskernbohrungen in 2500 Meter Tiefe aus – ihre Bohrkerne enthalten die eingeschlossene Luft aus 5000 Jahre alten Schneemassen. Alun Hubbard betreibt die wohl gefährlichsten Erkundungen: Er seilt sich – zum Teil mit Regisseur Ostenfeld – in sogenannte Gletschermühlen ab. Das sind hunderte Meter tiefe Strudellöcher, durch die warmes Oberflächen-Wasser in den Gletscher dringt und sich unbekannte Wege sucht. Hubbard erforscht, ob dieses Eis dort unten gefriert oder flüssig bleibt und zur Gletscher-Rutschbahn Richtung Meer wird. Der Erkenntnisgewinn wird im Film erlebbar gemacht – unter dramatischen Bedingungen und gleichzeitig in einer bizarr-schönen Welt.

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